ProzeS/s
 
Montag, 25. August 2003

Momentan ist mir noch langweilig genug, um weiter zu spielen. Auch möchte ich zum Titel des vorigen Beitrags regredieren, den ich im Text zwar erfüllt, jedoch nicht erfasst habe.

Plot ist: Fragen nach dem Sinn der Dinge, des Lebens, des Seins und schließlich Bewertungen von Handlungen, gefasst im Begriff der Ethik, also Erzeugen von Referenzen zwischen Gewesenem, um Zukünftiges planbar bzw. be-herrschbar werden zu lassen, entspringen dem trivialen Zustand der "Langeweile".

Wenn man davon ausgeht, dass jener Zustand, der gemeinhin als "Bewusstsein" bezeichnet wird, dazu dient, die uns umgebende Welt zu erkennen und schließlich so unser Überleben sichert, sollte man ihn näher betrachten.

Bewusst zu Sein entspricht doch primär dem Wahrnehmen und dem Denken. Also das Aufnehmen von Dingen, die außerhalb unseres Körpers liegen, das Vergleichen mit in unserem zentralen Verarbeitungssystem gespeicherten Erfahrungen und schließlich das Bewerten ob dieser aktuelle Ein-druck nun neu, und so speicherungswürdig, oder schon bekannt ist, sind Teile jenes ProzeS/ses der in uns einen Zustand produziert, den wir bewusste Wahrnehmung nennen.

Um behaupten zu können: Funktion des Bewusstseins sei es, Neues zu erkennen, muss folglich Altes, also schon Erkanntes, vorausgesetzt werden. Denn es ist doch unmöglich zu entscheiden, ob nun etwas neu ist oder nicht, wenn man keine Referenzen hat. Bewertung im Speziellen, Sinngebung im Allgemeinen, wird somit getragen von Vergleichen. Komparatives Vorgehen ist weiters nur dann möglich, wenn das Vorhandensein von Referenzen gewährleistet ist. Jene Referenzen bzw. normative Ideen im Bewusstsein sind an jenem Ort abgelegt, dem wir den Terminus "Gedächtnis" zugedacht haben.

Kurz: Bewusstes Sein in stricto sensu ist abhängig von Gedächtnis und deren Inhalt.

Daraus kann man spielerisch spekulieren, dass nach ausreichender Reifung unserer neuronalen Festplatte, vorerst automatisch alle Wahrnehmungen und Eindrücke gespeichert werden, ohne diese zu bewerten.

Man vergleiche nur die Erziehung von Kindern. Primär werden Verhaltensnormen als Gebote bzw. Verbote unter Androhung von Strafe vermittelt, ohne deren Sinnhintergrund zu vermitteln. Einem Kind den Sinn eines Verbots zu erklären wird wohl nicht ausreichend sein, auch werden wir merken, dass durch ständiges unschuldiges, infantiles Fragen unser Sinnsystem in eine "semiotische" Krise gelangen wird, aus der wir schließlich durch resignierende Drohung auszubrechen versuchen. Soll also soviel heißen, dass ein Kind solange nach dem Warum fragen wird, bis wir entnervt sagen werden: so halt nicht!

Doch folgt das Denken, als nicht unwesentlicher Bestandteil des Bewusstseins, doch einer Zielgerichtetheit, die nicht mit dem Gedächtnis, mit den "Bildern" in unserem Kopf- wie auch immer diese aufgebaut seien-, erklärt werden können. So beeindruckend scheint uns der Fluss der Gedanken, dass wir ihn seit der Aufklärung zum König unseres Körperreiches erklärt haben. Die Strukturierung unserer Gedanken und die Fähigkeit Regulative innerhalb dieses Systems so zu befolgen, dass Schlüsse gezogen werden können, die vermeintlich funtionell sind, flößt wahrlich Ehrfurcht ein.

Doch wie denken wir. Wohl großteils in Sprache! Inneres Sprechen, meist verknüpft mit Bildern und Fragmenten von Gefühlen, erzeugen das, was wir den ProzeS/s des Denkens nennen. Man denkt nicht in Gerüchen oder Geräuschen,wenn ich diesen reduktionistischen Trivialvergleich anführen darf. Wenn wir nun schließlich das Denken verstehen wollen, (mit kindlicher Freude erschaue ich die Öffnung einer Türe, die uns ins Spiel der Selbstreferenz und damit zum gedanklichen Ringelspiel führen wird) müssen wir uns zuerst der Sprache zuwenden.

Das Reale strukturiert das Symbolische. Was kann uns dieser kryptisch klingende, scheinbar auf geheimes Wissen verweisende, Satz lehren? Welchen Wert können wir aus ihm gewinnen, im Streben ein Modell zu konstruieren, das uns dem Phaszinosum des Fremden näher bringt? Genug der formalen Jongliererei, gespielt wird wieder später.

Festzuhalten ist das Faktum der anatomischen Begrenzung unseres phonetischen Apparates. Der Mensch ist aufgrund seines Sprachorgans befähigt, nur bestimmte Laute von sich zu geben. Uninteressant ist hier, wie diese Organ beschaffen ist und warum es so ist,wie es ist. Mir ist nicht langweilig genug, um mich mit den Problemen der Anthropologie und Evolutionsforschung zu befassen, um den "göttlichen" Plan zu durchschauen.

Also, unsere Anatomie gibt uns jenen Spielraum vor, in dem wir sprachlich agieren können. Innerhalb dieses Spektrums kann nun die Sinngebung vollzogen werden. Sinn zu geben, besteht grundlegend in einer Zuordnung bzw. Zuweisung zweier unterschiedlicher Dinge. Dieses Erzeugen von Beziehungen,die willkürlich geschehen MÜSSEN, ist jener zentrale Aspekt, der den Menschen als Homo significans ausziehen ließ, sich die Welt nach seinen Vorstellungen zu formen.
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Vielleicht geht's mal weiter

Spiele nach strengen Regeln zu spielen hat seinen Reiz, macht jedoch weniger SpaS/s. ;-)

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Homo significans und die Langeweile

Das Hinzufügen von Bedeutung zu Objekten der Wahrnehmung ist zweifelsohne die wohl menschlichste aller Fähigkeiten, die den homo sapiens sapiens von den anderen uns bekannten Lebensformen trennt. Während unser Stolz schnell gekränkt war, als beobachtbar wurde, dass auch Tiere Werkzeuge benutzen, konnte der von uns beanspruchte, doch gesehen als zu-gedachter oder hinzu-gedachter, Platz in der Sinn-struktur des weltlichen Daseins, nämlicher jener des Homo faber, des technisch begabten Menschen, nicht gehalten werden.

Somit sind die zivilisatorischen Errungschaften wohl weniger menschlich, als die kulturellen. Jene artifiziellen Sinnsysteme, deren Entsprechung in der prä-hominiden Welt nicht auffindbar ist.

Während der Mensch nun das "Geschenk" des Symbolischen vorgefunden hat, prä-formiert, strukturiert ohne sein Zutun, jedoch nur in und durch ihn als real erfahrbar bzw. zum Leben erweckt, benutzt er dieses Werk-zeug unablässig und ist nicht mächtens sein hephaistisches Tun einzustellen. Er ist ein Gefangener, ein Sklave seiner Bestimmung, geworfen in die Höhlen des Vulkanos, bestraft für ein Vergehen, dessen er sich nie schuldig gemacht hat. Schließlich ist er ein Verdammter,ein geblendeter Schmied, ein hinkender Blinder, der sein Verlies als Palast zu denken vermag, das zu verlassen er sich zwar die Möglichkeit zugesteht, dessen Durchführung er jedoch aus reinem, idiotischen Genießen ab-sagt.

Die Natur kennt den S/sinn nicht, auch die (Be)-Wertung ist ihr fremd. So scheint doch auch die Dualität der Dinge durch jenen Rückblick zu entstehen, der stets nur nach vorne gerichtet ist.Vermag denn nur einer beim Anblick eines Ianuskopfes zu sagen, welcher der beiden Blicke nun das Vergangene schaut oder wer vom Zukünftigen aus angesehen wird.

Das Leben muss als Selbstzweck verstanden werden. Sofern man den Worten und der Idee Kants hier folgen möchte, heißt doch dies nur, dass den Dingen der ontologischen Ordnung nicht mit allzu Menschlichem beizukommen ist. Beruhigend ist, dass dies im strengsten Sinne von Natur aus kein Mensch vermag. Und dabei ist es irrelevant ob man sich der Kantschen Idee verschreibt oder nicht, selbst seine Existenz anzuerkennen wäre diesbezüglich überflüssig.

Der Mensch, Citizen Schmidt, Regent und Vasall des Symbolischen, ist letztens nicht in der Lage, die Dinge in ihrem wahren Sein zu er-blicken- um wieder Kant zu bemühen und zu paraphrasieren: die Dinge an sich entziehen sich der Erkenntnisfähigkeit des Mensch. Ich will diesen heute allzu modischen Blickwinkel als so verführerisch verstanden wissen, dass ich es weiters genießen werde, von diesem aus weiter zu spinnen. Es ist dieses Netz, das symbolische Netz des Hephaistos, mit dem jenes gefangen worden sein wird, das uns in schaurig-schöner Weise daran erinnert haben wird, dass der Grat ein schmaler ist, der zwischen Staunen und Verstörung liegt.

Aber Kinder wollen schließlich spielen!

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